7,9 Ich sprach: Ich will die Palme ersteigen, will ihre Zweige erfassen; und deine Brüste sollen mir sein wie Trauben des Weinstocks, und der Duft deines Atems1) wie Äpfel,

Nicht nur Frauen, sondern auch Männer sprechen über ihre Bedürfnisse. Salomo macht hier ganz klar, was er sich wünscht.
Tipp: Männer sollten sich nicht zu schnell beim Sex mit einem Nein abspeisen lassen. Wir haben als Ehepaar ein bisschen den Eindruck gewonnen, dass christliche Männer Zurückhaltung in Bezug auf ihre sexuellen Bedürfnisse mit Heiligung verwechseln. Natürlich gibt es Gründe dafür, dass eine Frau keine Lust aufs „Kuscheln“ hat, aber das sollte die Ausnahme sein. Das biblische Prinzip aus 1Korinther 7,3-5 lautet: Wir schlafen miteinander, wenn einer es sich wünscht2).
Obwohl das Wort für sprechen in über 4300 Versen des Alten Testaments vorkommt, taucht es im Hohelied nur hier und in 2,10 auf. In Hohelied 2,10 spricht Salomo, um seinen Wunsch nach Intimität auszudrücken. Diesem Wunsch gibt Sulamith nur bis zu einem bestimmten Punkt nach, dann schickt sie ihn weg (Hohelied 2,17).
Hier nun beschreibt Salomo das exakte Gegenteil. Aus einer vorehelichen Sehnsucht, die - begrenzt durch Gottes Gebot - noch nicht ausgelebt wird und darauf achtet, die Liebe nicht aufzuwecken, ist eine eheliche Beziehung geworden, in der nicht nur der Wunsch nach intimem Genuss immer noch vorhanden ist, sondern sogar zugenommen hat und auch gestillt wird. Und Sulamith schickt ihren Liebsten jetzt nicht weg, sondern sie lädt ihn ein (Hohelied 7,12).
Es verlangt nicht viel Vorstellungsvermögen, um das Bild von den Brüsten, die wie Trauben des Weinstocks und Zweige sind, zu verstehen. War ihr „erstes Mal“ noch von Geheimnis, Vorsicht und Zurückhaltung geprägt (vgl. Auslegung zu Hohelied 4,8 - 5,1a), so steckt im Bild vom Ersteigen der Palme etwas sehr Zupackendes. Jetzt fehlt alle Befangenheit und Schüchternheit, denn hier wird Salomo als reifer Liebhaber vorgestellt, der seine Frau kennt, der weiß, was sie mag und wie er sie genießen kann.
Als er sich an ihr hochzieht, riecht er den Duft ihres Atems, der ihm wie der Duft von Äpfeln vorkommt. In Hohelied 2,3 ist Salomo der Apfelbaum, in dessen Schatten sie sitzen möchte, dessen Frucht süß ist. In Hohelied 2,5 will Sulamith von Äpfeln gestärkt werden, weil sie krank ist vor Liebe. In Hohelied 8,5 ist unter dem Apfelbaum der Ort der Liebe. Ein Atem wie Apfelduft ist also ein Atem voller Liebe und amouröser Süße.
Aber Salomo riecht nicht nur, er schmeckt auch:
7,10 und dein Gaumen wie der beste Wein, der dem Geliebten sanft hinuntergleitet, der die Lippen der Schlummernden erregt.

1)
Oder: deiner Nase
2)
Auf diese Weise entwickelt sich über die Jahre eine unverkrampfte und beide Seiten erfüllende Sexualität.