5,6b Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht; ich rief ihn, aber er antwortete mir nicht.
5,7 Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen: sie schlugen mich, verwundeten mich; die Wächter der Mauern nahmen mir meinen Schleier weg.

Sulamith sucht und ruft, aber sie kann Salomo (im Palast) nicht finden. Also beschließt sie, ihn auf den Straßen und Plätzen Jerusalems zu suchen. Sie wirft sich einen leichten Umhang (das ist mit Schleier gemeint) gegen die Kühle der Nacht um und zieht los. Und nun beschreibt Salomo in seinem schönsten Liebeslied eine gar nicht nette Episode. Während Sulamith durch die Straßen zieht, wird sie von den Wächtern gefunden, geschlagen, verwundet und beraubt. Was soll dieses Bild an dieser Stelle im Hohelied? Im Vergleich zu den ersten Wächtern in Hohelied 3,3 fällt vor allem die unerwartete Grobheit auf, mit der sie Sulamith begegnen.
Sulamith steht ohne Schutz da, weil sie Salomo abgewiesen hat. Das Verhalten der Wächter ist nicht in Ordnung (und ich möchte nicht wissen, wie sie sich gefühlt haben, als sie erkannten, wem sie da den Schleier weggenommen hatten), aber es ist eine Folge davon, dass sie Salomo abgewiesen hat. Fehlverhalten in der Ehe hat immer weitreichende Konsequenzen. Es beraubt uns des Schutzes und des Segens, den unser Ehepartner für uns darstellt.
Gott selbst kümmert sich darum, dass Sulamith sehr deutlich spürt, wie falsch es war, Salomo einfach abzuweisen. Und jetzt verstehen wir auch, warum Salomo ohne Grummeln einfach gehen kann. Er legt Sulamith und ihr falsches Verhalten in Gottes Hand1).
Diese Haltung kann natürlich nur jemand einnehmen, der Gott vertraut und dessen Leben nicht von Ichsucht geprägt ist. Ein Egoist kann sich nicht verschenken oder zurücknehmen. Machen wir uns klar: Wer Streit beginnt, tut das nicht aus Liebe und nicht aus Gehorsam gegen Gottes Wort, sondern aus niederen Motiven! Wer sich trotz des biblischen Streitverbots zum Richter seines Ehepartners aufspielt, richtet das Gesetz Gottes (Jakobus 4,11). Wer Streit für eine Option hält, die richtig sein kann, obwohl Gott gegen Streit ist, der wirft dem Schöpfer selbst Unwissenheit vor und setzt sich auf Gottes Thron (vgl. Jakobus 4,12). Nicht wir bestrafen unseren Ehepartner, sondern wir lassen Gott Rächer sein (Römer 12,19-20).
Unser Gott ist kein Papiertiger! Wir haben einen Gott, der sein Volk richtet (Hebräer 10,30), weil er nicht will, dass wir Schlimmeres erleiden (1Korinther 11,32) und weil wir „geliebte Söhne“ sind (Hebräer 12,6). Gott ist nicht ungerecht. Er lässt sein Gericht beim „Haus Gottes“, das sind wir, anfangen (1Petrus 4,17) und ist gegen alle, „die Böses tun“ (1Petrus 3,12).
Die dritte Lektion zum Thema „Ehekrach“ lautet: Lass Gott Richter sein!

Hast du Angst davor, dass Gott dich für einen Streit bestrafen könnte? Wenn nein, wie kommt es, dass dir Gottesfurcht fehlt?

Wie gut kennt ihr Gott? Woher habt ihr eure Vorstellungen von Gott?2)


1)
Hinweis: Es gibt Situationen in der Gemeinde, in denen gerichtet werden muss. 1Korinther 5,11-13 gibt uns dazu einen Überblick. Was ich hier schreibe, hat keine dieser zerstörerischen Sünden im Blick, die durch ihre bloße Anwesenheit die Gotteskindschaft einer Person in Frage stellen (vgl. 1Korinther 6,9.10; Galater 5,19-21).