5,8 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, wenn ihr meinen Geliebten findet, was sollt ihr ihm berichten? Dass ich krank bin vor Liebe.

Sulamith lässt sich von den negativen Erfahrungen mit den Wächtern nicht abbringen. Sie will unbedingt mit Salomo „versöhnt“ werden. Es kann schmerzfreier, einfacher und weniger peinlich sein, die Suche nach Nähe gar nicht aufzunehmen oder ohne Ergebnis einzustellen, aber so ist Sulamith nicht gestrickt. Sie weiß, was auf dem Spiel steht: Das Glück ihrer Ehe.
Wenn Sulamith sonst die Töchter Jerusalems beschwört, dann, um sie vor einem zu frühen Wecken und Aufstören der Liebe zu warnen (Hohelied 2,7; 3,5; 8,4). Diesmal braucht sie ihre Hilfe. Anscheinend glaubt Sulamith, dass die Töchter Jerusalems ihren Geliebten eher finden können, als sie selbst es kann. Und so gibt sie ihnen eine Botschaft an Salomo mit: Ich bin krank vor Liebe. Sein Verschwinden hat ihre Liebe angestachelt. So viel Liebe hatte sie zu Hause nicht kennengelernt und jetzt ist sie vollends „verknallt“ (und bleibt es auch, wie wir aus dem Prolog, Hohelied 2,5, wissen).
Die vierte Lektion zum Thema „Ehekrach“ lautet: Lass dir helfen!
Wo eine Beziehung erst einmal einen Knacks erhalten hat, ist es nicht verkehrt, Freunde um Hilfe zu bitten. Meine Erfahrung ist, dass viele Ehen sich zu spät helfen lassen. Statt, wie im Bild der „kleinen Füchse“ (Hohelied 2,15) beschrieben, Probleme anzupacken, wenn sie noch klein sind, werden Schwierigkeiten unter den Teppich gekehrt und verschleppt, bis sie sich im Lauf der Zeit zu einem unentwirrbaren gordischen Knoten entwickeln, für den es (fast) keine Lösung mehr zu geben scheint. Aus „kleinen Füchsen“ werden ausgewachsene Wölfe, die ganze Familien verschlingen können.

Gibt es im Moment „ausgewachsene Monster(probleme)“ in eurer Ehe, die ihr nicht anpacken wollt?