5,2 Ich schlief, aber mein Herz wachte.

Sulamith war schon zu Bett gegangen (die beiden haben anscheinend getrennte Schlafzimmer) und schlief unruhig1), weil ihr Salomo nicht aus dem Kopf ging. In ihrem Innern brennt die Sehnsucht. Und während sie halb schlafend, halb wachend vor sich hindämmert, hört sie ihn kommen. Salomo steht vor ihrer Schlafzimmertür und klopft an (vgl. Offenbarung 3,20; Richter 19,22).

Horch! Mein Geliebter! Er klopft: Tue mir auf, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Vollkommene! Denn2) mein Haupt ist voll von Tau, meine Locken voll von Tropfen der Nacht.

Ihr „junger Hirsch“ hat Sehnsucht nach „seinem Garten“. Und jeder, der jetzt noch die Begeisterung der beiden aus Hohelied 2 oder Hohelied 4 vor Augen hat, muss sich angesichts ihres Verhaltens ernsthaft fragen, was in sie gefahren ist.
Salomo steht draußen, die Locken nass vom Tau. Er lockt sie mit den wohlbekannten Koseworten, die Nähe, Liebe und Entzücken zum Ausdruck bringen, aber sie weist ihn ab.

An Ehefrauen: Kannst du ein paar Ereignisse aufzählen, wo du die normalen Bedürfnisse deines Mannes (nicht nur nach Sex!) aus geringfügigen Gründen zurückgewiesen hast? Trau dich, wenn dir nichts einfällt, deinen Mann zu fragen.


1)
Andere Ausleger gehen davon aus, dass sie die folgende Szene nur träumt. Ich gebe zu, dass dies eine gute Alternative ist, die aber bezüglich der Auslegung kaum einen Unterschied macht.
2)
Das ist natürlich nicht der Hauptgrund für sein Kommen. Salomo hat mehr Räume zur Verfügung, wo er unterkommen kann.