Sprüche 1,3

Sprüche 1,3
anzunehmen Unterweisung, Klugheit, Gerechtigkeit, Recht und Geradheit

Ein Schüler, der verstehen will, muss bereit sein, das Gehörte anzunehmen. Nur wer sich Unterweisung, Klugheit, Gerechtigkeit, Recht und Geradheit1) geben lässt und das Gehörte bereitwillig annimmt (vgl. Jakobus 1,21), der bekommt Brauchbares für seinen Verstand. Wir finden die wahren Gedanken nicht in uns selbst. Wir mögen ein grundsätzliches Verständnis für „das Gute“ besitzen und viele Religionen ähneln sich, wenn es darum geht, ein paar allgemeine Richtlinien für das Leben festzulegen2), aber Gottes Sicht zu all den kleinen und großen Dingen des Lebens bedarf seiner speziellen Offenbarung in der Bibel. Wer Weisheit finden will, muss Gott (bzw. den Menschen, die ihm Gottes Wort nahe bringen) einen Vertrauensvorschuss geben.

Wie würdest du deine Bereitschaft zum Dazulernen einschätzen? Fällt dir das leicht oder eher schwer?


Nur, wer zum Schüler wird, und bereit ist, sich einer Unterweisung auszusetzen, kann weise werden. Wie in allen Dingen gilt auch in punkto Weisheit, dass Gott dem Hochmütigen widersteht. Der Stolze kann nicht weise werden, weil er keinen Rat annehmen möchte. Er mag noch so klug daherreden, schöne Worte machen und eine gewinnende Ausstrahlung besitzen - weise ist er nicht!
Klugheit bezeichnet die Fähigkeit, einen Sachverhalt richtig zu erfassen und daraufhin die besten Entscheidungen zu treffen. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um Situationen, Botschaften, praktische Belange oder Beziehungsthemen handelt. Davids Umgang mit den Philistern (1Samuel 18,4.14.15) ist ein gutes Beispiel für Klugheit3). Damit niemand Klugheit mit Bauernschläue verwechselt, ergänzt Salomo hier die Begriffe Gerechtigkeit, Recht und Geradheit. Nicht das, was mir jetzt am meisten nützt, ist klug (Situationsethik). Im Gegenteil: Es gibt eine allgemeine, ethische Norm (Gottes Gebote), an der ich mich orientieren muss, damit meine Klugheit sich nicht in Verschlagenheit verwandelt.
Es gilt Gerechtigkeit, Recht und Geradheit anzunehmen.
Gerechtigkeit ist biblisch betrachtet ein Lebensprinzip (Hiob 29,14ff). Sie ist mehr als nur die Summe meiner gerechten Taten. Es geht um meine Einstellung zum Leben selbst, um meine Persönlichkeit und um meinen Charakter. Der zeigt sich in meinem Verhalten, aber rechtes Verhalten kann auch aus Angst, Zwang oder gesellschaftlichem Druck entstehen4). Deshalb will Gott mein Herz (d.h. mein Wollen und den Verstand) und keine fromme Show. Das biblische Ideal hört sich so an: „Weil ich Gott liebe, lebe ich von ganzem Herzen nach seinen Geboten.“
Mit Recht beschreibt die Bibel alles Verhalten, das Beziehungen wieder herstellt (z.B. den Urteilsspruch im Gericht). Wie bei Gerechtigkeit geht es um eine moralische Qualität und nicht nur um ein äußerliches Verhalten. Gerechtigkeit und Recht stehen für die Norm und die Wiederherstellung der Norm. Beide Begriffe bilden in der Bibel oft eine Einheit.
Mit Geradheit deutet Salomo an, dass es eine Ordnung gibt, in wel-cher der Weise lebt, ohne von ihr abzuweichen. Der Weise geht nicht auf krummen Wegen. Die Sprüche lehren uns, dass es wahre Freiheit nur innerhalb dieser objektiven Grenzen geben kann. Grenzenlosigkeit führt immer in die Sünde, weil die Lust zum Bösen von Natur aus im Menschen wohnt. Aber auch der, der sich eigene Grenzen definiert, ist nicht weise, weil sein Verhalten ihn direkt in die Selbstgerechtigkeit treibt. Der gerade Weg Gottes ist die Mitte zwischen Gesetzlosigkeit und eigenwilliger Frömmigkeit. Weder der Freigeist noch der Asket sind wirklich weise, weil sie ihr eigenes Denken an die Stelle göttlicher Weisheit gesetzt haben.

Fällt dir eine Situation ein, in der du das Richtige getan hast, obwohl du das Falsche für „schlauer“ gehalten hast? Wie hast du dich vorher und nachher gefühlt?



1)
I.S.v. Aufrichtigkeit
2)
Literaturtipp: Lewis, Clive S. (2007): Die Abschaffung des Menschen. 6. Aufl. Frei-burg im Breisgau: Johannes-Verlag Einsiedeln.
3)
Die Elberfelder Bibel übersetzt hier mit „er hatte Erfolg“, aber im Grundtext steht, „er handelte klug“.
4)
Ein gutes Beispiel sind Kain und Abel. Beide opfern, aber nur Abels Opfer geschieht aus der rechten Einstellung, aus Glauben (Hebräer 11,4) und wird deshalb von Gott angenommen.