Sprüche 1,2

Sprüche 1,2
um Weisheit und Unterweisung zu erkennen, um verständige Worte zu verstehen,

Die Sprüche dienen dazu, um Weisheit und Unterweisung zu erkennen. Wenn die Sprüche von erkennen reden, dann geht es nie allein um ein nur intellektuelles Verstehen. Im Gegensatz zum deutschen Schulwesen, so wie es von vielen Schülern erfahren wird1), geht es Salomo nicht nur um den Kopf seiner Zuhörer. Erkennen ist tiefes Verstehen. Wer Weisheit erkennt, der verinnerlicht, erfährt und lebt sie. Wenn Adam Eva „erkennt“, dann entsteht dabei der kleine Kain (1Mose 4,1). Erkennen ist in der Bibel (fast) immer das tiefe Durchdringen einer Sache (1Mose 25,27) oder Person (vgl. Johannes 17,3!).

Was müsstest du tun, um biblische Wahrheiten zu „verinnerlichen“? Wie könntest du dafür sorgen, dass du sie nicht mehr vergisst?


Weisheit steht in der Bibel allgemein für tiefes Verständnis, Kompetenz und Sachkenntnis. Der Begriff kann sowohl für handwerkliche Fähigkeiten (2Mose 31,6) wie auch für Geschick beim Zaubern (Jesaja 3,3) oder Regieren (1Könige 5,21) verwendet werden. Richter und Könige brauchen Weisheit, um Recht zu sprechen (1Könige 3,28) und das Böse auszusondern (Sprüche 20,26). Wer Weisheit besitzt, kommt mit dem Leben klar und erreicht, was sonst unerreichbar scheint. Durch Weisheit wird das Schwache stark und überlebt trotz widriger Umstände (in Sprüche 30,24-28 symbolisiert durch die Ameise, den Klippdachs, die Heuschrecke und die Eidechse). In der Bibel ist Weisheit untrennbar mit Wissen (o. Erkenntnis) verbunden. Wie der geschickte Automechaniker die Zusammenhänge im Motor verstehen muss, bevor er ihn reparieren kann, so muss der Weise die Zusammenhänge des Lebens verstehen und verinnerlichen, bevor er sich richtig verhalten kann. Genau hier setzen die Sprüche an. Das Buch offenbart uns Wissen über das Zusammenspiel der unterschiedlichen Kräfte und Aspekte, die unser Leben ausmachen. Der wirklich Weise hat begriffen, dass es einen inneren Zusammenhang zwischen seinem Tun und seinem Schicksal gibt. Ich ernte, was ich säe (vgl. Galater 6,7)! Er hat die moralisch-geistlichen Prinzipien, die hinter allem Dasein stehen, durchschaut und weiß, wie er sich in schwierigen Situationen verhalten muss und wie er sein Leben, aber auch das der Gesellschaft, am besten fördert (Prediger 7,19).
Solange ein Mensch nicht weise lebt, ist er nicht weise! Wir sind immer, was wir tun (vgl. Lukas 6,43-45). Man kann das ganze Buch „Die Sprüche“ auswendig lernen und ein Dummkopf bleiben, weil man sie nie verinnerlicht hat und nicht danach lebt. Die Weisheit der Sprüche ist nicht die philosophisch-theoretische „Weisheit“ der griechischen Rhetorik (vgl. 1Korinther 1,18-24). Sie will nicht blenden, sondern prägen. Es geht ihr nicht um schöne Worte, sondern um ein gehorsames Herz. Wo sich Weisheit findet, da geht sie einher mit anderen Tugenden wie Wissen, Einsicht, Klugheit, Umsicht, Leitung, Rat, aber auch mit Stärke, Ansehen und Reichtum. Weisheit ist zudem niemals moralisch neutral. Der Weise ist immer auch der Gute. Deshalb bildet Weisheit mit Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit und Fairness ein Team (vgl. Sprüche 8,20). In „Die Sprüche“ hat Weisheit darüber hinaus eine offensichtlich religiöse Dimension. Weisheit beginnt mit Gottes-furcht (Sprüche 9,10), und sie enthält die „Erkenntnis des Heiligen“ (Sprüche 30,3). Das Leben des Weisen wird für ihn zum Mittel, um seinen Gott zu erfassen, zu ehren und zu repräsentieren.

Definiere mit eigenen Worten noch einmal den Begriff „Weisheit“, so wie du ihn einem Freund erklären würdest2) .


Weisheit braucht Unterweisung. Mit dem Begriff Unterweisung wird die Autorität beschrieben, der sich ein Schüler unterwerfen muss, der Weisheit erlernen will3). In den Sprüchen ist damit meistens der Einfluss der Eltern gemeint; zumeist durch das gesprochene Wort. Der Mensch ist von Natur aus nicht weise (Sprüche 22,15). Demütiges Zuhören, Lernen und Korrekturbereitschaft gehen deshalb aller Weisheit voran. Die Bibel geht dabei wie selbstverständlich davon aus, dass Kinder zu Hause von den Eltern unterwiesen werden (vgl. Sprüche 1,8; 4,1). Sie sind die erste Autorität, die Weisheit vermittelt (Sprüche 1,8). Eltern sollen durch ermutigende Worte, ihr Vorbild, klare Grenzen und zielgerichtete Belehrung dem Kind Weisheit beibringen. Wo das geschieht, tritt Gott selbst an ihre Seite (Sprüche 3,11.12).
Ein ermutigendes Wort an alle, die jetzt denken: „Schade, solche Eltern hätte ich auch gern gehabt!“ Erziehung ist nie abgeschlossen. Das Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“ ist falsch. Egal wie alt wir sind, Gott möchte die Weisheit seines Wortes auf unsere Herzen prägen. Es ist unsere Verantwortung, auf Gottes Unterweisung gehorsam zu hören (Sprüche 1,8; 19,20), sie zu lieben (Sprüche 12,1) und nicht von ihr zu lassen (Sprüche 4,13). Weisheit lernen, verinnerlichen, bewahren und tun, das ist ein Teil des Erziehungs- und Veränderungsprogramms, zu dem wir durch den Heiligen Geist berufen sind. Er will uns in das Bild des weisesten Menschen aller Zeiten verwandeln (2Korinther 3,18). Der Heilige Geist will uns ermutigen und kräftigen, aber er nimmt uns das Umsetzen nicht ab! Also: Wenn du nie in den Genuss einer umfassenden christlichen Erziehung gekommen bist4), dann entscheide dich doch jetzt zu diesen drei Dingen:

  1. Vergib deinen Eltern!
  2. Reserviere regelmäßig Zeit für das Auswendiglernen von Bibelversen5)!
  3. Studiere das Buch „Die Sprüche“ und das Neue Testament! Die Sammlung Salomos und die Worte Jesu (bzw. seiner Apostel) sind die größte Quelle von Weisheit, die es im Universum gibt6).

Die Sprüche dienen dazu, um verständige Worte7) zu verstehen8). Damit Weisheit erlangt wird und Unterweisung zum Ziel kommt, muss der Schüler verstehen; hören allein ist nicht genug. Die Bibel sagt nicht viel zum Prozess des Verstehens. Sie zeichnet lediglich das Bild eines Schüler-Lehrer- oder Eltern-Kind-Verhältnisses, in dem der Lernende mit allen seinen Sinnen aufnimmt und das Gehörte, Gelesene und Gesehene durchdenkt und tut9). Bei den verständigen Worten handelt es sich deshalb um ganze Aussagen, nicht um einzelne Wörter.
Die Bibel wendet sich an den Verstand des Menschen, weil der Gläubige ein Denker sein soll. Auch wenn die Bibel den autonomen, von Gott unabhängigen Gebrauch des Verstandes ablehnt (Sprüche 3,5), so hat Gott den Menschen doch mit Denkvermögen gesegnet, weil er will, dass wir nachdenken und denkend ihn selbst erfassen (Sprüche 9,10). Logisches Denken ist gut, wenn es ein brauchbares Fundament besitzt. Intellektualität ist herrlich, wenn sie nicht selbstverliebt und Gott vergessend um die falschen Bezugspunkte kreist. Wer die „Erkenntnis des allein Heiligen“ (Sprüche 9,10) zur Grundlage seines Denkens macht, dessen Verstand ist wahrhaft frei, weil er die Wahrheit erkennen kann und weil Jesus ihn von der Sünde des Unverstands frei macht (Johannes 8,31-36).


1)
An dieser Stelle ein Hoch auf alle Lehrer, die diesem Stereotyp nicht entsprechen!
2)
Für mich ist Weisheit die Fähigkeit, das beste Lebensziel mit den besten Mitteln zu erreichen.
3)
S.a. Fußnote zu Sprüche 3,11.
4)
Vielleicht gibt es so gut wie niemanden, bei dem das der Fall ist. Wir haben als Eltern jedenfalls auch versagt und unseren Kindern nicht Gottes Weisheit im umfassenden Sinn beigebracht. Erziehung bleibt immer ein bisschen Stückwerk. Wir werden es bei den Enkeln besser machen .
5)
Tipps zum Auswendiglernen von Bibelversen bekommst du auf dieser Internetseite: http://frogwords.de/einsteiger/bibelverse
6)
Natürlich enthält die ganze Bibel „Weisheit“, aber mir scheint, dass für den Anfän-ger das Neue Testament und die Sprüche ergiebiger sind als andere Schriften.
7)
W. Worte des Verstandes
8)
Dabei muss uns allerdings eines immer bewusst sein: Diesseits der Ewigkeit bleibt Weisheit immer Stückwerk. Wir werden mit dem Lernen nicht fertig werden.
9)
Mit dem Ziel, es selbst weiter geben zu können (vgl. Sprüche 22,17.18).