1,7a Sage mir, du, den meine Seele liebt,

Inhaltlich löst Sulamith sich von ihrem Gespräch mit den Töchtern Jerusalems und wendet sich erneut ihrem Geliebten zu. Und sie tut es auf ihre eigene wunderbare Weise: Du, den meine Seele liebt. Das muss ein Mann immer wieder hören! Wie dumm, dass wir in einer nüchtern-westlichen, poesielos-langweiligen Zeit leben, die uns von klein auf solche Formulierungen abtrainiert und irgendwie unangebracht erscheinen lässt.

An Ehefrauen: Wie oft sagst du deinem Mann, dass du ihn liebst? Zähl einmal, wie oft du es an einem Tag sagst, und frage deinen Mann, ob er es öfter hören möchte. Man kann sich dabei übrigens auch an ihn schmiegen, ihn küssen oder zärtlich umarmen. Nach einer kurzen Phase der Gewöhnung mag das jeder Mann.


1,7b wo weidest du? Wo lässt du lagern am Mittag? Warum sollte ich wie eine Verschleierte sein bei den Herden deiner Hirten?

Das doppelte „wo“ unterstreicht ihre Sehnsucht. Sie möchte unbedingt bei ihm sein. Wenn er auf Arbeit ist, möchte sie wenigstens die Mittagspause mit ihm verbringen.

An Ehefrauen: Kannst du dir vorstellen, dass ein Mann sich geliebt fühlt, wenn seine Ehefrau Zeit und Mühe investiert, nur um ein paar Minuten mit ihm zusammen zu sein? Wie könnte Sulamiths Verhalten in deiner Lebenssituation aussehen?


Die Verschleierte ist hier keine Prostituierte! Sulamith läuft herum wie jede andere Frau, nämlich mit einem Kopftuch. Sie will sagen: „Wozu soll ich wie eine Hirtin bei deinen Herden herumlaufen, wenn ich wissen kann, wo du lagerst, und Zeit mit dir verbringen kann?“ Sie will ihre Zeit nicht in der Gegenwart anderer Männern vergeuden, sondern mit ihrem Geliebten zusammen sein. Sie will nicht herumirren und unnötig lange nach ihm suchen, sondern wissen, wo er sich aufhält; nicht um ihn zu kontrollieren, sondern um ihm ihre Liebe zu schenken.
Dieser Gedanke ist auch heute von großer Bedeutung. Die Tatsache, dass ich tagsüber als Mann im Büro mehr Zeit mit meiner Sekretärin und meinen Kolleginnen verbringe als mit meiner Frau, ist für die Entwicklung einer leidenschaftlichen Ehebeziehung nicht gerade förderlich! Eine kluge Ehefrau tut gut daran, sich dieser Problematik bewusst zu sein und Momente der Zweisamkeit in den Arbeitsalltag ihres Ehemanns einzubauen. Darüber hinaus gibt eine Frau, die - schick zurechtgemacht - ihren Mann zum Essen abholt, ein klares Zeichen an die weibliche Konkurrenz (und dem Mann die Möglichkeit, vor den Kollegen mit seiner außergewöhnlichen Frau ein bisschen zu prahlen).