2,10 Mein Geliebter hob an und sprach zu mir: Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!

Salomo steht immer noch vor dem Haus. Zweimal ruft er sie mit fast identischen Worten heraus (Hohelied 2,10.13). Er will mit ihr Zeit verbringen, mit ihr spazieren gehen, sie sehen und mit ihr reden. Er hat den weiten Weg von Jerusalem nur ihretwegen gemacht.
Es ist interessant zu sehen, wie taktvoll Salomo ihr begegnet. Der Unterschied zu heutigen Jugendlichen, die beim ersten Anzeichen von Verliebtsein jede Distanz verlieren und vor aller Augen eng umschlungen, knutschend und kuschelnd ihre „Liebe“ darstellen, ist auffällig. Salomo bleibt auf Distanz, wartet draußen und ruft. Er weckt die Liebe nicht auf.
Dabei ist er bestimmt kein gefühlskalter Eisberg, sondern brennt vor Liebe zu seiner Sulamith. Aber er weiß, dass sich das Feuer in ihm, einmal in die falschen Bahnen gelenkt, schnell zu einem Flächenbrand entwickeln kann, der die Beziehung bedrohen würde. Und deshalb stürzt er nicht ins Haus, reißt sie an sich und wirft sie erst einmal für einen langen, leidenschaftlichen Kuss aufs Bett. Das kommt deutlich später, dann aber „volle Kanne“ (Hohelied 4,13ff; 7,6ff). Liebe ist nicht grob, sondern taktvoll (1Korinther 13,5: „sie benimmt sich nicht unanständig“). Liebe weiß, was sich gehört und was wann dran ist. Sie weiß es, weil sie Gottes gute Gebote kennt und sich daran orientiert. Die Liebe meines Lebens verdient das Beste.
Noch etwas ist interessant: Salomo achtet, obwohl er König ist, den Willen seiner Freundin. Er dominiert sie nicht, sondern lädt sie ein. Die Beziehung entwickelt sich mit der Geschwindigkeit, die für Sulamith gut ist. Wie oft erleben es Jugendmitarbeiter, dass in einer Teenie-Beziehung der reifere Teil den unreifen (leider oft ältere Jungs jüngere Mädchen) zu Dingen drängt, für die dieser noch gar nicht bereit ist. Abgesehen davon, dass dabei leicht Sünde ins Spiel kommt, hat ein solches Drängen zu keiner Zeit etwas mit Liebe oder dem Aufbau einer verant¬wortlichen Beziehung zu tun. Im besten Fall hat der „Drängler“ nur sich selbst nicht im Griff, das heißt, er ist eine Niete; im schlimmsten Fall stellt er für das geistliche Leben des zukünftigen Partners eine ernsthafte Bedrohung dar.
Ein Tipp an alle Jungs: Wenn du nicht taktvoll zurückhaltend sein kannst, wenn du deine Hand nicht im Griff hast und sie immer wieder unter ihre Bluse rutscht, dann bist du für eine Beziehung noch nicht reif. Du bist ein egoistischer, wahrscheinlich unbekehrter (1Johannes 4,7-8), dummer Junge, aber kein Mann nach Gottes Sinn. Mach dir nichts vor! Tu Buße, bitte deine Freundin um Vergebung und hör damit auf, dir einreden zu wollen, dass die biblischen Prinzipien von Reinheit vor der Ehe, Liebe und Enthaltsamkeit heute irgendwie nicht mehr gelten würden. Ich verspreche dir als Bibellehrer, Seelsorger, Jugendleiter und erfahrener Ehemann und Vater, dass du dich irrst. Eine leidenschaftliche, auf Jahrzehnte hin angelegte Beziehung ist möglich. Ich lebe und genieße sie mit meiner Frau. Wenn du Gottes Ehe-Ideal auch erleben willst, dann hör auf sein Wort: Übe Zurückhaltung, lerne Selbst¬beherrschung und behüte deine zukünftige Frau vor deiner eigenen Unreife. Sie kann sich einmal an dich verschenken (genau EIN Mal). Sorge dafür, dass sie es ohne Scham in der Hochzeitsnacht tut und dabei stolz ist auf dich, ihren Ritter, der sie beschützt hat.
Ja, das wird ein Kampf, aber einer, der sich lohnt. Wir leben in einem Universum, in dem auf Dauer jeder das ernten wird, was er sät (Galater 6,7). Das ist ein „moralisches Naturgesetz“. Wer Lust sät, wird Frust ernten, und wer Gehorsam sät, erntet Glück (Sprüche 16,20). Niemand kann dir die Entscheidung abnehmen. Du wirst die Fehler genau so ausbaden, wie du die richtigen Entscheidungen genießen wirst. Aber vergiss nicht: Es gibt genug Frauen, die Morgen für Morgen aufwachen und sich fragen, warum sie den Typen geheiratet haben, der neben ihnen im Bett liegt. Sei du die Ausnahme und mache deine Liebste stolz! Ein paar Tipps für die Verlobungszeit findest du im Diskussionsforum im Anhang1). Als Mann hat Gott dich dazu berufen, Verantwortung zu übernehmen2). Fang heute damit an!
Zu viele Mädchen und Jungs haben aus leichtfertig eingegangenen Beziehungen, die zu schnell intim geworden sind, tiefe Wunden davongetragen - Verletzungen, die ihnen bis in die Ehe gefolgt sind. Wenn eine Beziehung auf echte Liebe gebaut ist, ist diese Liebe wie ein Bagger, der immer tiefer gräbt. Und genau das wünschen wir uns im tiefsten Innern: Wir wollen nicht nur irgendeine Beziehung führen, die irgendwie ausreicht, um gemeinsam ein paar Kinder großzuziehen, ein Haus zu bauen und alt zu werden, sondern wir sehnen uns nach verbindender Gemeinschaft, die über die Jahre tiefer, erfüllender und „echter“ wird. Etwas in uns sehnt sich danach, mit dem Partner zu verschmelzen und „ein Fleisch“ zu werden. Der Weg dahin beginnt mit Rücksichtnahme und Respekt vor den Grenzen des Liebsten3).

1)
Unter der Frage: „Wie soll man eine Verlobungszeit gestalten, damit man ‘die Liebe nicht aufweckt‘?“
2)
Ein geistlicher Mann wird Frauen ganz grundsätzlich lieben, beschützen und leiten. Wie viel mehr gilt dieser Anspruch für den Umgang mit der Frau, von der ich mir wünsche, dass sie meine Partnerin fürs Leben wird!
3)
Auch Salomo hat seine „Grenzen“, wie wir noch sehen werden (Hohelied 2,17)!