4,16 Wach auf, Nordwind, und komm, Südwind: durchwehe meinen Garten, lass fließen seine Wohlgerüche! Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse seine köstlichen Früchte.
Sulamith ist so weit. Sie ist bereit zum letzten Schritt, willig, sich ihrem Geliebten völlig hinzugeben.
Wenn sie dem Nordwind gebietet wach auf, dann verwendet sie ein Wort, dessen Wurzel neun Mal im Hohelied vorkommt und sich sechs Mal in doppelter Form hinter der Aufforderung „weckt nicht, stört nicht“ in Hohelied 2,7; 3,5 und 8,4 verbirgt. Auch die verbleibenden Stellen Hohelied 5,2 und 8,5 besitzen einen erotischen Unterton. Im Hohelied ist es nur Sulamith, die „aufweckt“. Sie entscheidet darüber, wann sie bereit ist, und achtet darauf, dass die „Liebe“ nicht zur falschen Zeit aufgeweckt wird. Jetzt ist es so weit.
Während der Nordwind aus der nördlichen Bergregion kommt und kühlt, ist der Südwind ein warmer, kräftiger Wind (vgl. Psalm 78,26; Sacharja 9,14). Sulamith wünscht sich, dass die Winde losbrechen, dass Salomo seine Zurückhaltung aufgibt und sie in den Turbulenzen seiner Liebe verschlungen wird. Der Südwind bekommt von ihr außerdem den Auftrag, sie noch attraktiver für ihren Geliebten zu machen. Er soll den Garten erhitzen und seine Wohlgerüche fließen lassen. Es ist der Moment, wo sie sich ganz auf ihn einlässt, ihn erregt und sich für ihn öffnet.
Ihr Körper ist sein Garten und sie bietet ihm die köstlichen Früchte an. Sie will von ihm verschlungen werden, eins mit ihm sein, sich ganz an ihn verlieren. Sulamith hat ihre Angst verloren. Sie weiß sich bei ihm sicher und gibt sich ihrem Liebhaber hin.
Das hier ist Gottes Idee vom „ersten Mal“: Ein Liebhaber nähert sich bewundernd und einfühlsam seiner sich ihm öffnenden, jungfräulichen Ehefrau, um im Schutz einer rechtlich gültigen Ehe die körperliche Vereinigung als Krönung einer tiefen, auf Vertrauen, Bewunderung und Liebe beruhenden Beziehung zu zelebrieren.
Wie habt ihr euer „erstes Mal“ (nicht unbedingt miteinander!) erlebt?
Gibt es sexuelle Erfahrungen, durch die ihr verletzt worden seid? Hattet ihr genug Zeit, um darüber zu trauern? Jesus sagt, dass die Trauernden getröstet werden (Matthäus 5,4). Es ist nicht genug, dass man eine schlechte Erfahrung verdrängt oder sich mit anderen Betroffenen in eine Reihe stellt. Ein paar Tränen, echte Trauer und die Bitte an Gott, das eigene Herz gesunden zu lassen, sind die Bestandteile echter Erneuerung.
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