Sprüche 16,33

Sprüche 16,33

Im Gewandbausch schüttelt man das Los,
aber1) vom Herrn kommen alle Urteile.

Der Gewandbausch ist eine Kleidungsfalte über dem Gürtel, in dem man das Los2), einen kleinen Stein, aufbewahren und schütteln konnte. Das Los wurde dann geworfen, wenn man mehrere, gleichwertige Entscheidungen zur Auswahl hatte, aber Gottes Willen erkennen wollte (oder musste). Dieser Vers macht klar, dass alle Urteile, die auf diese Weise erzielt werden, vom Herrn kommen.

Zwei Fragen stellen sich sofort: Darf man für alles das Los werfen? Darf man als Christ das Los werfen? Ich glaube, dass man nicht für „alles„ ein Los werfen darf, weil das Los selbst, als Mittel der Erkenntnisfindung, den wirklich schwierigen und vertrackten Entscheidungen vorbehalten ist, bei denen Weisheit und Moral allein nicht weiter helfen (vgl. Jona 1,7 oder die Verteilung des Landes Kanaan). Auch wenn man oft liest, dass Christen kein Los werfen dürfen, weil es dafür in der Apostelgeschichte nach Pfingsten kein Beispiel mehr gibt, so finde ich das Argument nicht schlüssig. Warum soll ich nach Pfingsten nicht mehr vor verzwickten Lebenssituationen stehen, die mich überfordern? Es ist exegetisch ganz heikel, aus dem Schweigen der Schrift ein Verbot abzuleiten3).

Finde in der Bibel mindestens fünf Beispiele dafür, dass das Los geworfen wurde! Hätte es in diesen Fällen, auch andere Möglichkeiten gegeben, den Willen Gottes zu erkennen?



1)
O.: und. Es ist nicht ganz klar, ob der Vers das Zusammenspiel Mensch-Gott oder die Souveränität Gottes über alles Menschliche betonen will.
2)
Der Begriff „Los“ kann in der Bibel auch für das durch den Losentscheid zugewiesene Land (vgl. Josua 14ff) stehen und dann Erbe, Besitz oder allgemein die Lebensumstände bezeichnen.
3)
Würde man mit derselben Gewissheit auch eine Hochzeitsfeier verbieten? Mir fällt nämlich nach Pfingsten kein Beleg dafür ein, dass Christen ihre Hochzeiten noch gefeiert haben!