Sprüche 2,19

Sprüche 2,19
alle, die zu ihr eingehen, kehren nicht wieder und erreichen nicht die Pfade des Lebens.

Die Einfältigen, die sich auf ein Verhältnis zu einer Ehebrecherin einlassen und zu ihr eingehen (d.h. mit ihr schlafen), sind verloren. Salomo bleibt im Bild des Todes, der in der sumerisch-akkadischen Mythologie als „Land ohne Wiederkehr“ oder als „Haus, das niemand verlässt, der es betreten hat“, bezeichnet wird1), und überträgt seine zerstörerische Wirkung auf den Ehebruch. Salomo will nicht ausdrücken, dass es für einen Seitensprung keine Buße gäbe oder dass für einen Ehebrecher Vergebung ausgeschlossen wäre, aber unter Verwendung des drastischsten Bildes vom Ableben2) macht er unmissverständlich klar, dass Fremdgehen kein Kavaliersdelikt ist. Es geht nicht nur darum, sich nicht erwischen zu lassen, sondern jeder, der Sex mit einer fremden verheirateten3) Frau (oder einem verheirateten Mann) hat, unterschreibt sein Todesurteil - ohne Ausnahme! Alle, die sich auf einen Seitensprung einlassen, kehren nicht wieder. Während uns Hollywood vor Augen malt, wie gesellschaftsfähig Ehebruch geworden ist und fast schon zwangsläufig zum Beginn einer „guten“ Beziehung dazu gehört, warnt Salomo mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln davor.

Welche Fälle von Medien-Ehebruch hast du in den letzten Monaten gesehen? Gibt es welche, die du irgendwie „richtig“ fandest?


Unser Leben entwickelt sich immer in eine von zwei Richtungen: Entweder erreichen wir die Pfade des Lebens, die uns Gott näher bringen und im ewigen Leben enden, oder wir landen in der Hölle (Sprüche 15,24). Wer sich auf Ehebruch einlässt, entscheidet sich für die finstere Alternative. EXKURS: DAS LEBEN In Sprüche 3,1-10 beschreibt Salomo die „Belohnungen“, die dem Gottesfürchtigen zufallen. Es sind Leben und Frieden (Sprüche 3,2), Gunst bei Gott und Menschen (Sprüche 3,4), geebnete Lebenswege (Sprüche 3,6), Gesundheit (Sprüche 3,8) und Wohlstand (Sprüche 3,10). Die „Belohnungen“ erklären sich alle von selbst – bis auf das „Leben“. Im Raum steht die Frage, ob es sich dabei um „ewiges Leben“ handelt oder um „Leben“, das mit dem klinischen Tod endet. Die Begriffe „leben“ und „Leben“ können ganz offensichtlich den Lebensunterhalt (Sprüche 19,23; 27,27), eine Zeitspanne (Sprüche 3,2; 4,10; 9,11; 15,24) oder ein Menschenleben bezeichnen (Sprüche 31,12)4). In Sprüche 4,22 steht „Leben“ parallel zur „Heilung des Fleisches“ und meint damit das körperliche Wohlbefinden (vgl. Sprüche 14,30). Meistens jedoch wird „Leben“ unqualifiziert gebraucht und begrifflich wie in Sprüche 3,1-10 dem biologischen Leben als eigenständige Qualität neben Gesundheit, Reichtum und sozialem Ansehen hinzugefügt (Sprüche 8,35; 21,21; 22,4). Dieses „Leben“ geht über die physische Existenz hinaus, ist eine Belohnung für Weisheit und wird als Gegenentwurf zum Tod präsentiert (Sprüche 11,19; 12,28; 13,14). Der Gerechte erwirbt es in dem Maß, in dem der Gottlose Sünde aufhäuft (Sprüche 10,16). Für den Gläubigen, der in Gemeinschaft mit Gott lebt, ist der physische Tod nie wirklich ein „echter“ Tod5). Auch Jesus verweist im Hinblick auf Abraham, Isaak und Jakob darauf, dass Gott nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden ist (Matthäus 22,32). Während die Ungerechtigkeit ihrem Besitzer schlussendlich auch das noch an Leben nimmt, was er zu haben meint (Sprüche 1,19), rettet die Gerechtigkeit den Gottgläubigen vor dem (ewigen) Tod (Sprüche 10,2), wird die Weisung der Weisen und die Furcht des HERRN zur Quelle ewigen Lebens (Sprüche 13,14; 14,27) und lässt den Einsichtigen auf dem „Weg des Lebens“ nach oben, dem Scheol unten entgehen (Sprüche 15,24). So wie der Tod der abschließende Schlussstrich unter das Leben eines Gottlosen ist, so ist es das ewige Leben für den Gläubigen. Sprüche 12,28 formuliert noch expliziter in diese Richtung, wenn es das Leben, das der Rechtschaffene erwirbt, als „Nicht-Tod“ bezeichnet. Deshalb ist der Gerechte auch in seinem Tod bei Gott geborgen (Sprüche 14,32) und er darf wissen, dass seine Hoffnung auf die Ewigkeit ihn nicht enttäuschen wird (Sprüche 23,18). Rettung ist in den Sprüchen mehr als nur die Rettung vor einem frühen Tod. Wäre es nicht so, hätte der Tod das letzte Wort und der Pfad des Lebens würde nicht nach „oben“ (Sprüche 15,24) in die Gegenwart Gottes führen, sondern vom Scheol verschlungen werden. Bei all diesen Betrachtungen muss trotzdem festgehalten werden, dass die Sprüche sehr diesseitsbezogen „funktionieren“. Es geht ihnen mehr um praktische Weisheit, Wohlstand, Gesundheit und soziale Anerkennung als um Auferstehung und ewiges Leben. Es wird klar, dass der Gottesfürchtige keine Angst vor der Zukunft und dem Tod haben muss, aber erst mit der Auferstehung Jesu bekommt die Gemeinde eine echte Auferstehungshoffnung und eine Vorstellung von der Herrlichkeit der Ewigkeit. Erst das Neue Testament gibt dem Begriff „Leben“ als „ewigem Leben“ die offensichtlich über den physischen Tod und das „jüngste Gericht“ hinausreichende Qualität (Johannes 5,24.29) göttlichen Lebens6).


1)
The Ancient Near Eastern Texts, 3rd ed., J.B. Pritchard, Princeton, Princeton University, 1969, S. 107, zitiert in Waltke, 2004, Bd 1, S. 233, FN 79.
2)
Und der rhetorischen Figur der „Übertreibung“.
3)
Die Sprüche thematisieren den Ehebruch als schlimmstes sexuelles Vergehen der damaligen Zeit. S. dazu die Vorbemerkung zur Auslegung von Sprüche 5.
4)
Aber Vorsicht: Obwohl diese Formulierungen sehr „irdisch“ klingen, kann der Prophet Jesaja über den Knecht des HERRN in Jesaja 53,10 sagen, dass er seine „Tage verlängern“ wird und damit eine Zeit nach (!) seinem Tod meinen! Also auch solche Formulierungen, die sich scheinbar nur auf das Leben vor dem Tod beziehen haben eine jenseitige Komponente.
5)
Vgl. die Anmerkungen zu Sprüche 3,18, der „Baum des Lebens“.
6)
Dieses „Leben“ wird von Jesus als großzügiges Geschenk bezeichnet (Johannes 6,33; 10,10), das er denen gibt, die ihn erkennen (Johannes 17,3), an ihn glauben (Johannes 3,15; 20,31), ihn in sich aufnehmen (Johannes 6,54) und ihm nachfolgen (Johannes 10,28).