4,12 Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, <meine> Braut, ein verschlossener Born1), eine versiegelte Quelle.

Es ist im Nahen Osten üblich, die Liebhaberin als einen Garten zu beschreiben. Das Bild des Gartens ruft Emotionen wie Glück, Ruhe und Nähe hervor, schließt aber auch Schönheit mit ein.
Wenn Salomo seine Sulamith als verschlossenen Garten, verschlossenen Born und eine versiegelte Quelle bezeichnet, spricht er bildhaft über die noch nicht vollzogene sexuelle Beziehung zwischen ihm und ihr. Sulamith hat sich für ihn aufgehoben und er nimmt das dankbar zur Kenntnis. Er hat sich von ihr wegschicken lassen (Hohelied 2,17) und sie ist nicht fremdgegangen.
Ein Vers wie dieser erscheint in unserer Zeit fast unwirklich, in der Kinder - gerade aus den unteren sozialen Schichten - in einer von Pornographie durchdrungenen Atmosphäre aufwachsen und „Gang-Bang“ spielen oder sich mit elf Jahren die Frage stellen, ob alles bei ihnen noch normal ist, weil sie noch keinen Sex hatten2). Mit der Freigabe der Pornografie und dem Aufkommen des Internets hat eine in der Geschichte nie dagewesene Verrohung der Sexualität stattgefunden, die vor allem die Schwächsten, unsere Kinder, nachhaltig schädigen wird.
Ich weiß nicht, wie ein Mädchen, das mit 14 an Oralsex gewöhnt ist und der Mutter regelmäßig bei deren Sexualkontakten mit unterschiedlichen „Freunden“ zusehen darf, irgendwann eine sexuelle Bindung eingehen kann, die der von Sulamith entspricht. Ich kann mir kaum vorstellen, wie ein Junge, der seit seinem neunten oder zehnten Lebensjahr Gewaltpornographie konsumiert, irgendwann ein liebevoller, rücksichtsvoller Liebhaber sein will. Ich kann mir das nicht vorstellen und ich kann nur erahnen, welche Welle von Traurigkeit und Enttäuschung auf diese Generation von Kindern zurollt, aber ich weiß eines: „Was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott.“ (Lukas 18,27) Gott kann geschundene Seelen retten. Bei ihm allein ist Hilfe und Vergebung.
Hinweis: Hier wird die Jungfräulichkeit der Frau betont. Natürlich gilt dasselbe auch für den Mann. Die Bibel erklärt Prinzipien oft an einem Fall und überlässt es uns, das Prinzip zu übertragen. Einwand: Ja, aber Salomo hatte doch auch andere Frauen! - Stimmt, aber erstens hat er sie immer geheiratet und ist erst nach der Hochzeit mit ihnen intim gewesen, und zweitens nimmt die Geschichte von Salomo und seinen Frauen ein tragisches Ende. Seine Vielweiberei verstößt klar gegen Gottes Gebot aus 5Mose 17,17 und schließlich verliert er seinen Glauben an Gott (1Könige 11,4.9-10).

1)
Poetische Bezeichnung für einen Wasserspeicher oder Brunnen
2)
Ein mehr als beunruhigender Internetartikel findet sich für alle, die mehr wissen wollen, hier: www.stern.de/politik/deutschland/sexuelle-verwahrlosung-voll-porno-581936.html.