Abschließende Gedanken zu Habakuk 3


Wenn wir den Glauben Habakuks an einen Krieger-Gott teilen, dann muss uns folgendes klar sein: Dieser Gott wird unsere Feinde und er wird uns besiegen. Ein Glaube, der Gott nur als den Richter „der bösen Anderen“ sieht, hat keinen Realitätsbezug. Habakuk muss akzeptieren, dass Gott auch gegen sein eigenes Volk zieht, dass das Gericht tatsächlich am Haus Gottes beginnt (1Petrus 4,17; vgl. 1Korinther 11,32), weil es zu seinem Wohl dient.
Glaube muss von Habakuk 3,3-15 zu Habakuk 3,16-19 hin wachsen, um reif zu werden. Der Gott, der seine Gemeinde liebt (Epheser 5,25) und ihr den Sieg über alle Widersacher, sogar über den Tod, verheißt (Matthäus 16,18), ist noch mehr daran interessiert, sie „zu heiligen … durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei.“ (Epheser 5,26.27) Leben im Glauben beginnt in seiner ganzen Dynamik genau dort, wo ich Gott Gott sein lasse und ihn nicht mehr als Erfüllungsgehilfe meiner eigenen Ziele sehe. Mit diesem Blick auf die Realität kann sich eine Angstattacke in Jubel verwandeln. Der Gläubige muss dabei nicht die Realität verdrängen (vgl. Habakuk 3,17), aber wer ehrlich akzeptiert, dass Gott seine (!) Pläne verwirklicht, weil er eben Gott ist, dessen Glaube fußt nicht mehr auf den Umständen, sondern auf Gott selbst. Glaube im Leid ist gereifter Glaube.
Hiob spricht: „Das Gute nehmen wir von Gott an, da sollten wir das Böse nicht auch annehmen?“ (Hiob 2,10) und „Siehe, er wird mich töten, <aber> ich will auf ihn warten…“ (Hiob 13,15).
Jeremia klagt: „Und doch denkt und denkt meine Seele daran und ist niedergedrückt in mir. Doch dies will ich mir in den Sinn rufen, darauf will ich hoffen: Ja, die Gnadenerweise des HERRN sind nicht zu Ende, ja, sein Erbarmen hört nicht auf, es ist jeden Morgen neu. Groß ist deine Treue. Mein Anteil ist der HERR, sagt meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen.“ (Klagelieder 3,20-24)
Damit solcher Glaube entsteht braucht es vier Dinge:

  1. Wir müssen das Gericht Gottes über uns annehmen. Wir leben und sterben nicht uns selbst (Römer 14,7), sondern wir leben und sterben im Glauben für Gott (vgl. 2Korinther 5,15). Es geht um den HERRN und um seine Pläne mit dieser Welt. Wir dürfen unser Kreuz tragen1), ihm nachfolgen, von ihm lernen und seine Zeugen sein, aber wir dürfen uns nicht dazu aufschwingen, ihm Vorschriften zu machen. „Einer ist Gesetzgeber und Richter, der zu erretten und zu verderben vermag.“ (Jakobus 4,12)
  2. Wir müssen den Gedanken zulassen, dass Mangel eine Konsequenz unserer Sünde ist. Nicht aller Mangel in unserem Leben ist eine Folge von Fehlverhalten, aber öfter als uns lieb ist, sind wir es, die durch offenen Ungehorsam (vgl. Jeremia 5,25) oder mangelnde Hingabe (Jakobus 4,2) Gott daran hindern, uns zu segnen. Wenn es offenkundigen Mangel an Gutem im Leben gibt, wenn der Feind mein Denken beherrscht und mir die Freude am Zusammensein mit Gott raubt, dann ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, ob es in meinem Leben Götzen gibt, denen ich diene. Und ob es gerade Gott ist, der mich straft.
  3. Wir müssen uns dafür entscheiden, dass unser Leben von der Freude an Gott bestimmt wird. Wenn die Lebensumstände noch so widerlich sind, so bleibt Gott die Quelle aller Freude und aller guten Gaben (Jakobus 1,17). Wie Israel dürfen auch wir wissen, dass der endgültige Sieg errungen ist. Habakuk wird die Niederlage der Babylonier selbst vielleicht nicht erleben, wie wir nicht die Wiederkunft Jesu zu unseren Lebzeiten erleben werden, aber wir wissen, dass Gottes Sieg kommen wird (vgl. Habakuk 2,3). Gottes Gegenwart in unserem Leben macht den Unterschied.
  4. Wir müssen uns dafür entscheiden, Gott in unserem Leben den Raum zu geben, den es braucht, damit eine tiefe Beziehung zu ihm entstehen kann. Es braucht tägliche Gemeinschaft mit unserem Herrn durch Gebet, Gesang, das Lesen und das Nachsinnen über sein Wort. Es braucht die radikale Abkehr von falschen Göttern wie Sex, Geld, Macht, Ansehen, Gesundheit… Um im Bild von Habakuk 3,19 zu bleiben: Wir sollen auf den „Höhen“ keine Götzentempel errichten, sondern uns stolzen Schrittes in Kraft an Gott freuen.
1)
Ein Bild dafür, dass wir mit diesem Leben abgeschlossen haben. Wer in der Antike sein Kreuz (eigentlich den Querbalken) zur Richtstätte trug, der war quasi tot. Sein eigenes Leben hatte jegliche Bedeutung verloren.