Ist Römer 9,18 ein Beleg für Gottes Parteilichkeit?

Die Antwort auf die Frage lautet ja und nein! Ja, Gott ist in einem positiven Sinn parteilich, als dass er sich wen er will (z.B. ein ungläubiges Volk, um den Messias hervor zu bringen, oder einen verstockten Pharao um Gottes Macht zu demonstrieren) als Diener erwählt. Nein, Gott ist im Blick auf die ewige Errettung nicht parteilich. Sein Gnadenangebot gilt allen Menschen!

Die „Begnadigung“, auf die Paulus hier anspielt (s.a. Römer 9,15 und dazu als Hintergrund 2Mose 33), ist keine Begnadigung zum ewigen Leben, sondern die Begnadigung zum Weiterleben. Das Volk Israel erwählt sich ein Goldenes Kalb anstelle Gottes und bricht den Bund. Jetzt geht es um die Frage: Was wird Gott tun? Wird er das Volk Israel womöglich vernichten? Er tut es nicht. Er lässt das Volk am Leben, ein Volk, das aus Ungläubigen besteht, deren Unglaube im Verlauf der Wüstenwanderung so offensichtlich wird, dass Gott sie damit bestraft, in der Wüste zu sterben.

Dasselbe gilt für den Pharao. Gott „verhärtet“ ihn. Das Thema von der „Verhärtung des Pharao“ ist nicht einfach. Im Hebräischen finden sich nicht weniger als drei unterschiedliche Verben im Text von 2Mose 4-17, die alle mit „verhärten“ übersetzt werden. Wenn Gott den Pharao „verhärtet“, dann übersetze ich lieber mit: Er macht ihn stark, um angesichts der Plagen die Ablehnung, die in seinem Herzen ist, ausleben zu können. Gott hilft dem Pharao, nicht gegen seinen Willen vor den Umständen zu kapitulieren. Untersucht man den Text in 2Mo genauer, dann stellt man fest, dass es zwei Handelnde gibt. Erst ist der Pharao nicht bereit auf Gott zu hören und dann in der siebten Plage fällt die Entscheidung und er geht zu weit und Gott verhärtet aktiv sein Herz, um ihn weiter als Anschauungsobjekt für seine eigene Macht zu benutzen. Erst jetzt, nach der siebten Plage, ist es für den Pharao zu spät umzukehren.

In beiden Fällen, dem Volk Israel und beim Pharao, hat die Begnadigung oder die Verhärtung nichts mit der ewigen Errettung zu tun, sondern mit dem Dienst für Gott. Gott gibt Kraft zum Widerstand und lässt ein Volk am Leben, obwohl er es zu Recht hätte töten können. Dasselbe geschieht zur Zeit des Paulus mit dem Volk Israel. Es wollte den Messias trotz aller Zeichen nicht annehmen und bekommt Kraft zum Widerstand selbst angesichts von Zeichen und Wundern und Auferstehung. Und Gott lässt das Volk am Leben, obwohl es den Fürsten des Lebens gekreuzigt hat.

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