Römer 13: Wo liegen die Grenzen der Ehrerbietung gegenüber atheistischen Despoten?

In der Argumentation geht Paulus von einem Ideal aus und zeigt uns, was Gottes Zielvorstellung für weltliche Regierungen ist als „Gottes Dienerin zum Guten“. Und solange der Kaiser und seine Beamtenapparat diesem Ziel folgt, sind sie tatsächlich Gottes Diener und sie zu ehren heißt Gott zu ehren. Bis 59 n.Chr. herrschte in Rom Frieden und Ruhe. Der Kaiser hatte nach seiner Thronbesteigung sofort den Juden die Rückkehr gestattet und er regierte weise (Seneca war sein Berater; 59 Mord an der Mutter). In Röm 13 (Brieftext!!!) unterstützt Paulus ein Christsein, das sich politisch zurück hält, um so kein falsches Licht auf die Christen zu werfen. Aus der Hoffnung heraus, dass Nero weiterhin ein friedvoller, gerechter und weitsichtiger Kaiser sein würde, konnte er den Christen ohne Probleme empfehlen, ihre Steuern zu zahlen und in Frieden mit allen zu leben. Hier geht es nicht um die Frage: Wie soll ein Christ sich in Zeiten aktiver Verfolgung verhalten, wie sieht ein biblisch begründeter/gebotener Widerstand gegen die Staatsgewalt aus, wann dürfen Christen zu den Waffen greifen, darf man Diktatoren umbringen… Gleichzeitig ist es natürlich eine Provokation, wenn Nero, Kaiser und Gott (!), als der Handlanger des jüdischen Gottes bezeichnet wird. Keine Macht außer von Gott: Wenn uneingeschränkt stimmt, was hier steht, dann hat Gott jeden blutrünstigen Tyrannen, jeden genozid-geilen Diktator, jedes antichristliche Regime, jeden schlitzohrigen Politiker, jeden bestechlichen Richter, der jetzt lebt, je gelebt hat und jemals leben wird, persönlich ausgesucht und eingesetzt. Man kann leicht erkennen, wie so ein Verständnis jede Form von Tyrannei rechtfertigt und Bürger zu blindem Gehorsam zwingt. In 1Könige 12,16 und 24 wird deutlich, dass der Aufstand des Nordreiches unter Jerobeam gegen Rehabeam von Gott geführt ist. Man muss nicht das tun, was ein atheistischer Despot will. Das sehen wir auch bei Daniel und seinen Freunden und man kann sich auch gegen despotische Regierungen auflehnen.

ABER: Stimmt das so? Muss überall, wo „Macht“ steht immer an staatliche Macht (bis hin zum einzelnen Politiker) gedacht werden? Zumal dann, wenn in 13,1a „Macht“ durch „übergeordnet“ qualifiziert wird und in 13,1b eine solche Einengung fehlt. Ich denke, dass Paulus in 13,1b nicht von dem einzelnen Politiker redet sondern von den unterschiedlichen Formen oder Sphären der Macht, die Gott eingerichtet hat, um diese böse Welt lebbar zu machen. Paulus’ Argument geht dann so: Unterwerfe dich den staatlichen Mächten, denn sie leiten ihren Herrschaftsanspruch von Gottes Ordnung ab. Es gibt keine Macht, d.h. keine echte Autorität, es sei denn, dass sie sich (= „außer von Gott“) von Gottes Autorität ableitet. Diese Aussage gilt für alle Autoritätsverhältnisse.
Ich darf mich also nicht dem System als solchem widersetzen, aber ich muss mir gut überlegen, ob die Menschen, die das System repräsentieren und die Art wie Machtstrukturen gelebt werden, Gottes Sinn entsprechen. Die Formen der Macht leiten ihre Autorität von Gott ab, aber sie können sich natürlich in der Ausübung von Autorität nur so lange auf Gott beziehen, wie sie seinen Willen tun. Gott verbietet mir Rebellion, aber er verbietet mir nicht ein klares „nein“ zu den Forderungen, die seinem Willen entgegenstehen. Gott selbst stellt sich gegen Könige (Dan 5).
Die Staatsgewalt besteht nicht um ihrer selbst willen, sondern soll so regieren, dass die Staatsbürger, die sich an die Gesetze halten wollen, geschützt werden. Es geht um das „ruhige und stille“ Leben (1Tim 2,2). Der Staat hat also nicht nur die Aufgabe, das Böse zu richten. Er soll aktiv darauf hinarbeiten, das Gute zu fördern.

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