Gibt es den Gerechten?

Wie kann Jakobus (Jakobus 5,16) so ein Gewicht auf das Gebet eines „Gerechten“ legen, wenn Paulus doch ganz klar sagt, dass es solche Menschen gar nicht gibt (Römer 3,10)?

Vielleicht müssen wir an dieser Stelle den Begriff Gerechter aus zwei Richtungen betrachten. Es gibt ihn nämlich, den Gerechten, und es gibt ihn nicht. Wenn Paulus in Römer 3,10 davon spricht, dass es keinen Gerechten gibt, dann spricht er mit Psalm 143,2 (Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht! Denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.) oder Hiob 15,14 (Was ist der Mensch, dass er rein dastehen könnte, und der von einer Frau Geborene, dass er gerecht wäre?) davon, dass aus sich heraus, kein Mensch so gerecht und sündlos wäre, dass er vor Gott bestehen kann. In diesem absoluten, objektiven Sinn gibt es keine gerechten Menschen. Aber natürlich gibt es solche, die sich mühen und anstrengen und, soweit es ihnen möglich ist, Gott gefallen wollen. Sie sind nicht in einem absoluten Sinn gerecht, aber sie wollen doch Gottes Ordnungen einhalten. Und idealer Weise verbindet sich bei ihnen das Streben nach Gerechtigkeit mit Glauben, so wie es als Verheißung an diese „Gerechten“ in Habakuk heißt: Siehe, die ⟨verdiente⟩ Strafe für den, der nicht aufrichtig ist! Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben. Hier sehen wir, wie einer der nach Gerechtigkeit strebt, als Gerechter bezeichnet wird und dann durch den Glauben an Gott ewiges Leben bekommt. Und solche Leute, die Gerechtigkeit lieben, mögen nicht im Sinn von Römer 3,10 gerecht sein, weil sie eben nicht sündlos sind, aber sie sind - wenn man so will - Liebhaber der Gerechtigkeit und als solche kann man sie als „Gerechte“ bezeichnen. Das umso mehr, wenn es sich um solche Gerechte handelt, die gläubig sind, weil denen die Gerechtigkeit Christi zugerechnet wird (vgl. 1Korinther 1,30; 6,11; 2Korinther 5,21).

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