Spr 16,4: Bedeutet dieser Vers wirklich, wie es in der MacArthur-Studienbibel steht: "Am Tag des Gerichts und ewiger Strafe werden die Gottlosen zu Gottes Ehre beitragen."?


Das Problem in Sprüche 16,4, wie übrigens in vielen Sprüchen, ist die Kürze des Textes, der Interpretationen nötig macht.

Wörtlich steht in Sprüche 16,4a Alles machte JHWH zu seiner „Antwort“.

Das hebräische Wort für „Antwort“ findet sich acht Mal im AT (Hiob 32,3.5; Sprüche 15,1.23; 16,1.4; 29,19; Micha 3,7) und wird außer in Sprüche 16,4 immer mit „Antwort“ übersetzt. Der Grund dafür ist nachvollziehbar: „Antwort“ passt auf den ersten Blick nicht als Übersetzung zu dem Verb „machte“. Man macht nichts zu einer (o. seiner) Antwort!

Bruce Walkte übersetzt den Vers in seinem wirklich brillanten Kommentar zu den Sprüchen folgender Maßen: „The LORD works everything to its appropriate end.“ (Der Herr bringt alles zu seinem angemessenen Ende) i.S.v. Der HERR hat (oder „macht“) eine Antwort (oder „ein passendes Gegenstück“) zu allem, was es gibt. Während der Gerechte in Sprüche 16,3 seine Werke Gott anbefiehlt und erlebt, wie Gott, der „die Geister prüft“ (Sprüche 16,2), seine Gedanken zustande kommen lässt, wird das beim Gottlosen nicht der Fall sein. Deshalb paraphrasiert die Septuaginta (LXX) Sprüche 16,4 richtig mit: „Alle Werke des HERRN werden mit Gerechtigkeit getan.“ Wenn Sprüche 16,1 uns mit der Frage stehen lässt, wie kann es sein, dass wir bei allem eigenen Überlegen von Gott eine „(richtige) Antwort der Zunge“ geschenkt bekommen, dann finden wir in den folgenden Versen die Antwort: (1) Gott prüft die Geister, d.h. er weiß wie es um uns steht, (2) er hört unser Gebet und (3) er selbst hat eine Antwort auf alles parat. Bei Gott gibt es keine losen Enden. Alles hat seinen Sinn und erfährt sein passendes Schicksal. Das ist das Prinzip.

Und dieses Prinzip gilt nicht nur für den Guten, sondern auch für den Gottlosen: Gott hat auf alles eine Antwort und hält auch für den Gottlosen einen „Tag des Unheils“ parat. Kein Bösewicht kommt ungeschoren davon. Ob die Strafe in diesem Leben und/oder im nächsten geschieht, mit „Tag“ also ein konkreter Erdentag oder ein spezieller Gerichtstag gemeint ist, bleibt offen.

Wenn schon der Ungerechte von Gott seine „Antwort“ bekommt, wie viel mehr kann der Gerechte sicher sein, dass Gott ihm eine „Antwort“ schenkt (Sprüche 16,1)!

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