Hörendes Gebet

Hörendes Gebet: Wie unterscheidet man falsche von echter Prophetie?

In einem Podcast, bei dem es auch um esoterische Praktiken im christlichen Gewand ging, bin ich auf hörendes Gebet eingegangen und bekam diese nette Rückfrage: „Und wie nun, lieber Bruder, unterscheide ich diese echte Prophetie oder eben die falsche in meinem eigenen Herzen, bevor ich sie ausspreche?“ Und die Frage ist super spannend. Ich mag sie deshalb etwas ausführlicher beantworten.

Jeder Christ hat manchmal das, was er einen inneren Eindruck nennt. Bei einem inneren Eindruck kann es sein, dass er vom Geist Gottes kommt, er kann aber auch ein rein menschlicher Eindruck sein und es ist - wie mir scheint - häufig eine Mischung. Wir sind ja ein Geist mit Gott (1Korinther 6,17). Wichtig ist meines Erachtens nun sauber zwischen einem Eindruck und einer Prophetie zu unterscheiden.

Eine Prophetie hat als Grundlage eine Offenbarung Gottes (vgl. 1Korinther 14,30). Sie ist also nicht nur ein Eindruck und wir müssen aufpassen, dass uns nicht passiert, was Jeremia 23,16 so formuliert: die Vision ihres Herzens reden sie, nichts ⟨aber⟩ aus dem Mund des HERRN. Hesekiel spricht ähnlich von „Propheten“, die aus ihrem eigenen Herzen weissagen (Hesekiel 13,2.17) und ganz spannend ist Hesekiel 13,3: Wehe den törichten Propheten, die ihrem ⟨eigenen⟩ Geist nachgehen und dem, was sie nicht gesehen haben! Hier wird deutlich, dass es bei einer Offenbarung nicht um etwas geht, was als Eindruck in mir entsteht (eigener Geist), sondern dass es um eine übernatürliche Erfahrung geht, die von Gott über mich kommt (und die ich „sehen“ kann). Damit sind wir in einer Linie mit der Definition eines Propheten aus 4Mose 12,6: Und er sprach: Hört doch meine Worte! Wenn ein Prophet des HERRN unter euch ist, dem will ich mich in einer Erscheinung zu erkennen geben, im Traum will ich mit ihm reden. Propheten haben also in der Bibel nicht nur innere Eindrücke, sondern sie erleben Gottes „Reden“ auf übernatürliche Weise. Und der HERR sprach zu mir: Die Propheten weissagen Lüge in meinem Namen. Mir scheint das auch nötig zu sein, weil Propheten ja als Sprachrohr Gottes auftreten und autoritativ ins Leben anderer Menschen hineinsprechen. Sie mussten genau wissen, dass Gott durch sie redet, weil auf falsche Prophetie die Todesstrafe stand.

Die Eingangsfrage war die: Wie unterscheide ich echte Prophetie von eigenen Eindrücken? Antwort. Eine Prophetie ist immer mehr als ein Eindruck. Sie hat eine übernatürliche Komponente, die mir als Propheten deutlich macht, dass jetzt nicht mehr ich rede, sondern Gott. Ich weiß, dass Gott mich gesandt hat! Deshalb auch Gottes vernichtendes Urteil über falsche Propheten in Jeremia 14,14: Ich habe sie nicht gesandt und sie nicht beauftragt – auch nicht zu ihnen geredet. Sie weissagen euch Lügenvision, Wahrsagerei, Nichtiges und den Trug ihres Herzens.

Klassische übernatürliche Komponenten sind: Träume, Visionen. Einfache Eindrücke sind nie das, was in der Bibel als Prophetie taugt. Frage: Kann ein Eindruck vom Herrn sein? Antwort: Natürlich kann er das sein! Das Problem bei Eindrücken besteht nur darin, dass wir das nicht wissen. Ich kenne beides. Eindrücke in seelsorgerlichen Gesprächen, die wie ein übernatürlicher Türöffner waren. Gottes Geist, der mich, der ich kein Prophet bin, führt und mir ein Geheimnis im Leben eines anderen Menschen offenbart, das mir in der Beratung hilft. Aber ich kenne auch Eindrücke im Gebet, die mich dazu brachten etwas zu tun, was sich dann leider im Nachhinein als eine sehr kostspielige Fehlinvestition herausstellte (frei nach Prediger 5,2: Bei viel Geschäftigkeit kommt der Traum. sprich: Man kann so begeistert von einer Sache sein, dass man anfängt zu „träumen“). Als kreative und emotionale Geschöpfe müssen wir uns der Beeinflussbarkeit unseres Wollens sehr bewusst sein. Begeisterung hat eine immense Überzeugungskraft! Und deshalb gehe ich bei Eindrücken inzwischen so vor: Ich möchte sie ernst nehmen, aber auch vorsichtig sein. Wenn ich den Eindruck habe, dass ich etwas tun soll oder dass ich mit jemandem reden soll, dann lege ich diesen Eindruck Gott im Gebet hin und bitte ihn um ein bestätigendes Zeichen. Ich will gehorsam sein, aber nicht naiv. Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott mein Herz kennt und mich so leiten wird, wie das in seinem Sinn gut ist. Und wenn das Zeichen eintrifft, dann ist der Eindruck vom Herrn. Und wenn nicht, dann gehe ich davon aus, dass der Eindruck eher aus meinem Herzen kam.

Warum bin ich dann so zurückhaltend beim Thema Hörendes Gebet? Das hat mit der Methodik zu tun. Eine Prophetie ist etwas, das, wenn man so will, über mich kommt. Gott redet und ich höre zu (vgl. 1Samuel 3,9). Zur Prophetie gehört das Überrascht-Sein. Eine Prophetie ist nichts, was man empfängt, wenn man still wird und in sich hineinhorcht. Das Ruhigwerden, das Versenken in sich hinein, das Achten auf innere Stimmen und Eindrücke ist eine Methodik, die der Esoterik und dem Mystizismus zuzuordnen ist. Sie grenzt an Hellsichtigkeit und Wahrsagerei. Wie gesagt: Es geht mir um die Methode, nicht darum, Gott zu beschränken. Aber die Bibel ist klar, dass wir einen weiten Bogen um alles Okkulte machen sollen (5Mose 18,10ff). Und genau darum geht es mir. So wie ich Trancezustände und bewusstseinserweiternde Drogen meide, so meide ich auch alle Formen des Meditativen (Traumreisen, Yoga, mystische Gebetsformen, die auf Wiederholung von Worten und Phrasen beruhen usw.). Ich will mich nicht öffnen für das Dämonische. Auch dort nicht, wo es sich als Engel des Lichts verstellt. Und die Idee, dass mir ja nichts passieren kann, weil ich den Heiligen Geist habe… diese Idee klingt gut, ist aber falsch. So falsch, dass Paulus die Christen warnt, nicht auf die Listen des Teufels herein zu fallen (Epheser 6,11) oder einen anderen Geist zu empfangen (2Korinther 11,3.4). Stattdessen sollen wir dämonische Lehren entlarven (1Timotheus 4,1ff) und dem Teufel keinen Raum geben (Epheser 4,27). Wir sind alles andere als immun gegen das Dämonische. Leider!

Und noch zwei Dinge machen mich zurückhaltend.
1. Die Verantwortung. Wenn ich einen Eindruck weitergebe, von dem ich denke (aber eben nicht weiß), dass er von Gott ist, dann spreche ich, egal ob ich das will oder nicht, autoritativ in das Leben eines anderen Menschen hinein. Je beeinflussbarer dieser Mensch ist, desto mehr Verantwortung lege ich auf mich. Ich habe es selbst erlebt, dass ein Bekannter von mir, der gerade dabei war, sich von seiner Frau zu trennen, in einen charismatischen Gottesdienst ging, um dort das „prophetische Wort“ über sich zu hören: (sinngemäß) „Geh den eingeschlagenen Weg weiter. Der Herr wird dich segnen!“ Ich bin mir sicher, dass der „Prophet“ es gut meinte und nur ermutigen wollte. Für meinen Bekannten war aber die Sache mit seiner Ehe jetzt klar. Gott wollte, dass er sich von seiner Frau und seinen Kindern trennt. Und er hat das getan. Ich bin mir sicher, dass diese „Prophetie“ ein Nachspiel hat. Der „Prophet“ wird sich dafür verantworten müssen! Hier hat jemand „aus seinem Herzen geweissagt“.
2. Die Bewertung falscher Prophetie. In 5Mose 18,20 heißt es: Doch der Prophet, der sich vermessen sollte, in meinem Namen ein Wort zu reden, das ich ihm nicht befohlen habe zu reden, oder der im Namen anderer Götter reden wird: dieser Prophet muss sterben. Eine Sünde, auf die im Alten Testament die Todesstrafe steht, ist eine Sünde, die ich nicht begehen will. Ich will so eine Sünde nicht einmal im Ansatz begehen.

Letzte Frage: Aber wir sollen einander doch ermutigen. Wie können wir das dann tun? Und meine Antwort wäre die: Wir können einander das Wort Gottes zusprechen (Kolosser 3,17). Die meisten „Prophetien“, die ich erhalten habe, sind eh nichts anderes als nette Worte der Ermutigung, die man auch einfach so hätte aussprechen können. Warum wollen wir nicht lieber das Wort Gottes reden lassen? Warum nicht einen Bibelvers nehmen, der den Charakter Gottes beschreibt und den einander zusprechen? Gott ändert sich nicht! Für diese Form der Ermutigung braucht es keine Prophetie 8-). Warum sammeln wir nicht eine Liste von Segensversen, die wir einander segnend zusprechen? Das wäre meine Antwort auf hörendes Gebet. Hören ja, aber nicht auf eine Stimme in mir drin, nicht auf Eindrücke, sondern auf das Wort Gottes.