1,6 Ein Sohn ehrt seinen1) Vater und ein Knecht seinen Herrn2)). Wenn ich nun Vater bin, wo ist meine Ehre? Und wenn ich Herr bin, wo ist meine Furcht?, spricht der HERR der Heerscharen zu euch, ihr Priester, die ihr meinen Namen verachtet. Doch ihr sagt: »Womit haben wir deinen Namen verachtet?«

In der Antike war es überhaupt keine Frage, dass ein Sohn seinen Vater ehrt3) (2Mose 20,12; 5Mose 5,16; Jesus Sirach 3,1-15). Er ehrt ihn, indem er seine Bedeutung als Erzeuger, Ernährer, Erzieher usw. für sein Leben anerkennt und auf eine angemessene Weise reagiert4) (z.B. Lob, finanzielle Unterstützung, Dankbarkeit, Gehorsam,geduldiges Ertragen der Macken…).
Dasselbe galt für den Knecht, entweder einem „Angestellten“ oder einem „Sklaven“. Er hatte seinen Herrn zu ehren.
Und dasselbe gilt im Hinblick auf Gott, weil er Vater und Herr seines Volkes ist und deshalb gebührt ihm Ehre und Furcht5).
Von Anfang an, wird das Verhältnis Gott - Israel mit einer Vater-Sohn-Beziehung verglichen. Wenn Mose zum Pharao im Auftrag Gottes spricht: „Mein erstgeborener Sohn ist Israel, […] Lass meinen Sohn ziehen…“ (2Mose 4,22.23), dann spricht der Schöpfer-Vater (5Mose 32,6) über sein geliebtes Bundesvolk.
Obwohl die Idee, dass Gott der „Herr“ seines Volkes ist, nirgendwo im Alten Testament ausdrücklich formuliert wird, wird seine Herrschaft doch an vielen Stellen schlichtweg vorausgesetzt (Jesaja 26,13; Psalm 123,2), weil Gott als Schöpfer, Gesetzgeber und Richter „Herr“ sein muss und König sein will (vgl. 1Samuel 8,7).
Obwohl Gott ganz selbstverständlich Ehre und Furcht gebührt, verweigern die Priester ihm beides. Sie haben seinen Namen verachtet, weil sie ihm Opfer gebracht haben, die unwürdig waren.
Gott verdient es, dass wir ihm die „Herrlichkeit seines Namens“ geben, indem wir ihn in „heiliger Pracht“ anbeten (Psalm 29,2). Wer Gott ehrt, der respektiert seinen Namen, d.h. seinen Charakter und sein Wesen. Unser Umgang mit Gott ist immer ein Ausdruck unserer Einstellung zu Gott. Entweder ist er unser Vater und Herr und wir ehren ihn mit unseren Opfern6) oder wir verachten ihn, indem wir ihn mit zweitklassigen Opfern abspeisen („Der Schrott für Gott“). Und die Priester können das tun, weil sie Gott nicht wirklich fürchten. Egal wie oft sie ihn in ritualisierten Gebeten als „Herr“ ansprechen, er ist es nicht in ihren Herzen. Deshalb bemerken sie ihren Fehler noch nicht einmal (Womit haben wir deinen Namen verachtet?)!7)
Es ist nie genug, Jesus „Herr“ zu nennen, wir müssen auch tun, was er sagt. Der Herr Jesus fragt seine Zeitgenossen: „Was nennt ihr mich aber: Herr, Herr! Und tut nicht, was ich sage?“ (Lukas 6,46)
Das falsche Gottesbild8), das hinter Maleachi 1,2-5 steht, hat im Verhalten der Priester Spuren hinterlassen. Ein desinteressierter, ferner Gott verdient nämlich keine aufrichtige Anbetung. Solange ich glaube, dass ich Gott egal bin, wird das meine Anbetung beeinflussen.


1)
W. den, aber das Personalpronomen wird gedanklich vorausgesetzt.
2)
w. seine Herren (Intensitätsplural
3)
Hier geht es um ein Beispiel, das in gleicher Weise auch auf die Mutter ausgedehnt werden könnte. Gott gebraucht das Bild von Vater und Sohn nicht, um Mütter und Töchter schlecht zu machen oder sie von diesem Prinzip kategorisch auszunehmen!
4)
Wer dazu nicht bereit war und seine Eltern verfluchte und schlug, verlor sein Lebensrecht in der Gesellschaft (2Mose 21,15.17).
5)
Mindestens Ehrfurcht und Respekt, aber durchaus über das Maß hinaus, was uns heute im Umgang mit Polizisten oder Lehrern bekannt ist. Gott ist der Heilige, der Richter, der Ewige, dessen Wort allein Gültigkeit besitzt und der mich liebt, aber dabei nicht zum Schoßhündchen mutiert, mit dem ich spielen kann. Nicht umsonst heißt es in Psalm 2,11.12 über Gott, den Sohn: „Dient dem HERRN mit Furcht, und jauchzt mit Zittern! Küsst den Sohn, dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem Weg; denn leicht entbrennt sein Zorn. Glücklich alle, die sich bei ihm bergen!“
6)
Christen sind ein „heiliges Priestertum“, das „geistliche Schlachtopfer“ darbringen soll (1Petrus 2,5). Dazu zählen Lob (Hebräer 13,15), Spenden (Hebräer 13,16), Evangelisation (Römer 15,16), Gebet (Offenbarung 8,3) und das Aufopfern unseres Lebens (Römer 12,2; Epheser 5,2).
7)
Ich kenne viele Menschen, denen es ebenso geht. Sie sind irgendwie religiös, haben eine Vorstellung von Gott, sie sind auf ihre Weise „fromm“ und doch fehlt es ihnen im Umgang mit Gott an „Furcht“. Sie nennen sich „Christen“, aber sie kennen Gott nicht (vgl. Johannes 17,3) und sie haben auch kein wirkliches Interesse an ihm. Ihr Credo lautet: So viel Gott wie nötig und so viel Distanz von ihm wie möglich. Oft verstecken sich solche Menschen hinter einer Kirche oder selbstgemachten Vorstellungen vom „Lieben Gott“. Daraufhin angesprochen, dass sie mit ihrem Tun Gott verachten, weil sie seine Gebote missachten, sind sie sich keiner Schuld bewusst. Ganz wie die Priester zur Zeit Maleachis genügt ihnen eine fromme Fassade, die das Gewissen beruhigt.