Lukas 14,26: Was meint Jesus in Lukas 14,26 mit „hassen“ ?

Vielleicht ist es wichtig, zuerst zu betonen, was er NICHT meint: Er meint nicht, dass seine Jünger im wörtlichen Sinn andere Menschen hassen sollen. Im Zentrum des Christentums steht die Liebe zu Gott und dem Nächsten (Markus 12,29-31). Aber warum formuliert Jesus dann: Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter… dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein. Eine Antwort, die wir leicht nachvollziehen können ist die, dass übertreibende Sprache anschaulich und ein Mittel der Alltagsrhetorik (z.B. Als der Lehrer den Vokabeltest ankündigte, wäre ich vor Angst beinahe gestorben) ist. Weil wir Jesus kennen, wissen wir, dass er „hassen“ nicht wörtlich meinen kann. Für einen Orientalen ist die Antwort aber nicht ausreichend, denn seine Sprache ist prinzipiell auf Extreme hin ausgerichtet . Sein Denken ist stark dogmatisch und lässt wenig Raum für Graubereiche. Etwas ist entweder weiß oder schwarz. In diesem Sinn deckt der Begriff „hassen“ in der Bibel den Bereich von „etwas weniger lieben“ bis „verabscheuen“ ab. Der Kontext entscheidet über die tatsächliche Bedeutung. Wenn in 1Mose 29,31 davon gesprochen wird, dass Jakob Lea „hasste“ (so im Grundtext), dann ist das eine andere Bezeichnung für den Sachverhalt, der einen Satz vorher so beschrieben wird: … er liebte auch Rahel, mehr als Lea. Wenn ich jemanden weniger liebe, dann würde ein Orientale sagen: Ich hasse ihn. In diesem Sinn fordert Jesus in Lukas 14 zu der Entscheidung auf, wen ich am meisten lieben will. Und Nachfolge ist ein so ernstes Unterfangen, dass nur der ein Jünger sein kann, der alle Menschen weniger liebt (= hasst) als Jesus.

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