1,15 Wehe über den Tag! Denn nahe ist der Tag des HERRN, und er kommt wie eine Verwüstung vom Allmächtigen. 1,16 Ist nicht die Speise vor unseren Augen weggenommen, Freude und Jubel aus dem Haus unseres Gottes? 1,17 Verdorrt sind die Samenkörner unter ihren Schollen. Verödet sind die Vorratshäuser, zerfallen die Scheunen, denn das Korn ist vertrocknet. 1,18 Wie stöhnt das Vieh! Die Rinderherden sind bestürzt, weil sie keine Weide haben; auch die Schafherden schwinden dahin1).
Das ganze Volk soll Buße tun, weil nicht weniger als der Tag des HERRN nahe ist2). Sie brauchen „erleuchtete Augen des Herzens“ (Epheser 1,18), um hinter den Ereignissen die Absicht und den Regisseur zu erkennen. Was Joel formuliert, hört sich wie eine Mischung aus Hesekiel 30,2.3 und Jesaja 13,63) an. Ging es diesen beiden Propheten darum, fremde Nationen zu warnen, so bezieht Joel den Tag des HERRN auf das Bundesvolk. Und damit will Joel seine Zeitgenossen schockieren und provozieren. Der Tag des HERRN kommt, wie eine Verwüstung vom Allmächtigen. Gott ist der Gegner, auf den Juda trifft. Und Joel ist klar, dass die Heuschreckenplage in ihrer Einzigartigkeit und Verwüstung doch nur ein Vorbote, ein Vorgeschmack, der Anfang des eigentlichen Gerichtstages ist. Noch ist Zeit zur Buße. Noch kann die völlige Vernichtung abgewendet werden, aber die Zeit wird knapp. Sie treten dem Allmächtigen 4) entgegen, der hier nicht der Beschützer der Erzväter, sondern der Bringer von Verwüstung ist. Wenn sie das nicht glauben, müssen sie nur kurz rekapitulieren, was er ihnen in Joel 1,2-12 schon dargelegt hat: Im Haus unseres5) Gottes finden keine Opfer mehr statt, die Scheunen sind leer und die Rinderherden und Schafherden stehen kurz vor dem Verhungern. Hilflos mussten sie erleben und zusehen, wie die Heuschrecken Felder, Weinberge und Fruchtbäume „abernteten“ und die gegenwärtige Dürre, jedes bisschen verbleibender Hoffnung restlos zunichtemacht. Freude und Jubel hörte man nicht mehr im Tempel, weil es keine Ernten und Zuchterfolge gab, über die man sich hätte freuen können. Dabei ist doch der Tempel der Ort, von dem Mose schreibt: „Und dort sollt ihr vor dem HERRN, eurem Gott, essen und euch freuen, ihr und eure Familien, an allem, was eure Hand erworben hat, worin der HERR, dein Gott, dich gesegnet hat.“ (5Mose 12,7). Es ist für Jerusalem an der Zeit, die „Hände zu falten“ und ehrlich Buße zu tun. Was sie sagen könnten, gibt Joel in einem Mustergebet vor: 1,19 Zu dir, HERR, rufe ich ; denn ein Feuer hat die Weideplätze der Steppe verzehrt und eine Flamme alle Bäume des Feldes versengt.