Römer 8, 14: Was bedeutet die Formulierung: „Durch den Geist geleitet werden?“

Der Begriff „durch den Geist geleitet“ ist das Gegenstück zu „nach dem Fleisch leben“ aus Römer 8,12. Wir sind die, die „nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln“ (Römer 8,4). Unsere Gedanken und Absichten werden also nicht mehr vom „Fleisch“, d.h. dem alten Leben mit seinen in unserem Körper größtenteils weiterhin präsenten Trieben und Vorlieben bestimmt, sondern von dem neuen Leben, das Gott uns geschenkt hat und das der Heilige Geist in uns hervorbringen möchte. Deshalb müssen wir durch „den Geist die Handlungen des Leibes töten“ (Römer 8,13). Der Heilige Geist wird zum Steuermann in unserem Leben. Wie sieht das praktisch aus? Der Heilige Geist und das Wort Gottes bilden im Prozess der Heiligung – und darum geht es, wenn der Heilige Geist uns leitet – eine Einheit. Das Wort Gottes ist das „Schwert des Geistes“ (Epheser 6,17), also seine Waffe und im Blick auf uns sein Maßstab: Der Heilige Geist will die „Rechtsforderung des Gesetzes“ in uns erfüllen (Römer 8,4). Mit Hinweis auf 2Korinther 3,6, „Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig“, wird gern behauptet, dass Christen sich nicht mehr um eine möglichst gute Bibelkenntnis bemühen sollten, weil sie ja den Heiligen Geist haben. Das ist aber ganz falsch! In 2Korinther 3 geht es um einen Vergleich der grundlegenden Prinzipien des Alten und Neuen Bundes. Der Buchstabe tötet, weil allein das geschriebene Wort in sich keine Kraft enthält, Veränderung zu bewirken. Das alttestamentliche Gesetz bringt den Tod im doppelten Sinn: 1) Das Gesetz tötet den noch Lebenden, indem es ihm den Frieden und die Hoffnung raubt (Römer 3,20), ihn verflucht (Galater 3,10) und es tötet 2) den Unbußfertigen ewiglich, weil es der Maßstab ist, nach dem gerichtet wird (Jakobus 2,10). Erst der Heilige Geist in den Gläubigen schafft „das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war“ (Römer 8,3), nämlich die Transformation des erlösten Sünders in einen Heiligen. Der Heilige Geist leitet den Christen dazu an, sich viel mit seinem Wort zu beschäftigen. Ein Vergleich von Epheser 5,17-20 mit Kollosser 3,16.17 offenbart die große Nähe zwischen Wort und Geist. Fast ist man als Ausleger versucht zu behaupten, dass es keine Fülle des Geistes ohne eine Fülle des Wortes gibt. Und tatsächlich zeigt sich in der Praxis, dass der Heilige Geist uns im Wesentlichen durch ein am Wort Gottes geschärftes Gewissen führt. Die direkten Eingriffe durch Visionen, Träume oder prophetische Worte sind eher die Ausnahme. Das gilt auch für die Apostel! Der Heilige Geist will unser Denken prägen und dann in uns wirken, indem er uns immer wieder daran erinnert, wozu wir berufen sind und uns die Kraft gibt, bewusst anders zu leben und zur Sünde nein zu sagen.

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