Apostelgeschichte 21,18ff: Wie beurteilst du den Rat von Jakobus an Paulus? Ist das nicht Heuchelei?

Nein, hier geht es nicht um Heuchelei, sondern darum das auszuleben, was Paulus im 1Korinther so ausdrückt: „Seid unanstößig, sowohl für Juden als auch für Griechen als auch für die Gemeinde Gottes.“ Paulus hat kein Problem, sich einer Gemeinde anzupassen. In Jerusalem war eine christliche Gemeinde entstanden, die „Eiferer für das Gesetz“ (Apostelgeschichte 21,20) waren. Da die Gemeinde wohl nur aus Juden bestand, hatte sich unter ihnen eine große Nähe zum jüdischen Gesetz bewahrt (die als solche unproblematisch war). Für Jakobus steht die Freiheit der Christen vom Zeremonialgesetz hier nicht zur Debatte (Apostelgeschichte 21,25), aber gleichzeitig muss er akzeptieren, dass er einer Gemeinde vorsteht, in der vielen Geschwistern die Idee, dass man seine Kinder nicht beschneiden könnte oder die Gebräuche verändern könnte, (zur Zeit jedenfalls noch) unannehmbar schien. Hinzu kommt, dass diese Gemeinde in einer jüdischen Umgebung lebte und selbst schon aus missionarischen Erwägungen heraus gar nicht völlig unjüdisch werden durfte (vgl. 1Korinther 9,20). Also wie verhalte ich mich angesichts einer Gemeinde von Schwachen? Antwort: Ich trampele nicht auf ihrem Gewissen herum, gebe ihnen keinen Anstoß, schlecht über mich zu denken, sondern passe mich aus Liebe an und schaffe so die Voraussetzungen dafür, mit ihnen über ihr Christsein zu reden. In der Gemeinde ist mein Wissen und meine Freiheit nicht das höchste Gut, sondern „Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist“ (Römer 14,17). Ein Wandel in Liebe (vgl. die Debatte in Römer 14,12-23) ist wichtiger als das Ausleben von Erkenntnis. Und das tut Paulus hier: Er liebt die „schwachen“ Geschwister aus Jerusalem, passt sich an und nimmt seinen Kritikern den Wind aus den Segeln.

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